Der Kapitalismus ist wohl nirgendwo so stark ausgeprägt wie in den USA. Die amerikanischen Märkte dominieren das globale Kapitalgeschehen, besonders die Federal Reserve unter Jerome Powell beeinflusst seit etwa zwei Jahren maßgeblich die weltweiten Finanzmärkte. Der MSCI World Index, der zu 70% in den USA investiert ist, konzentriert sich stark auf US-amerikanische Technologieriesen. Angetrieben durch künstliche Intelligenz und scheinbar unbegrenzte Skalierbarkeit, vergrößert sich die soziale Ungleichheit in den USA – eine Entwicklung, die durch den Einsatz von KI weiter verstärkt wird. Einige Wenige entwickeln und trainieren KI-Systeme und bauen Roboter, während der Großteil der Bevölkerung wirtschaftlich kaum profitiert.  

Man hat fast den Eindruck, als befände sich die Welt nicht nur in einem militärischen Wettrüsten, sondern auch in einem Wettrüsten um die Vorherrschaft in der KI-Technologie. Chips werden mit Zöllen belegt und Datensammler wie Apple (IPhone Verbot für Regierungsmitarbeiter Chinas) oder Tiktok (Chinesische Social Media App, die in den USA verboten werden soll) bekommen von den jeweiligen Regierungen Steine in den Weg gelegt. Die KI scheint also ein mächtiges Instrument zu sein, dessen Entwicklung derzeit noch nicht abzusehen ist.

Fakt ist jedenfalls: die Börsen haben stets ihre Favoriten, für die kein Preis zu hoch scheint, getrieben von der Vorstellung endlosen Wachstums.  Um sich dies immer wieder zu vergegenwärtigen, hilft häufig ein Blick in die weitere Vergangenheit. Dieser zeigt, dass an den Börsen häufig einzelne Werte oder Themen dominierten, wie es die nachfolgende Grafik von Bloomberg verdeutlicht.

Die zehn größten Aktien:

Quelle: Bloomberg, 5.09.2023, eigene Darstellung

Somit waren diese Werte auch entsprechend hoch im MSCI World Index gewichtet. Allerdings folgte in dem darauffolgenden Jahrzehnt jeweils stets eine unterdurchschnittliche Wertentwicklung dieser Top-10-Körbe und damit fiel auch die Gewichtung im MSCI World ein Jahrzehnt später jeweils deutlich geringer aus.

Marktgewicht zum jeweiligen Zeitraum und jeweils ein Jahrzehnt später:

Quelle: Bloomberg, 5.09.2023, eigene Darstellung

In diesem Sinne gab der April vielleicht einen kleinen Vorgeschmack: die Märkte erfuhren eine deutliche Konsolidierung, insbesondere in den USA, wo die Indizes um rund -4% bis fast -5% korrigierten, während sich die Kursrückgänge in Europa auf rund -2% beschränkten. Es stellt sich die Frage: wann hat die Welt genug Kapital in den USA investiert und welches Risiko ist damit eigentlich verbunden – insbesondere hinsichtlich der Bewertungen und des konjunkturellen und politischen Umfeldes? Börsenrezepte sind selten dauerhaft gültig, da sich Geschmäcker ändern. Daher sollte jeder Investor stets überprüfen, ob seine Strategie noch den aktuellen Markttrends entspricht. So gut der aktuelle Geschmack von bspw. MSCI World ETFs auch sein mag, ist er dennoch sehr amerikanisch angehaucht und vielleicht nicht mehr jedermanns Sache.