Wer die ersten beiden Wochen im August im wohlverdienten Urlaub war, hat die Generalprobe möglicherweise verpasst und muss die Aufführung gegebenenfalls ohne Probe meistern. So schien es zumindest, denn die Kapitalmärkte spielten Anfang August einmal durch, was passieren könnte, wenn der aktuelle Weltwirtschaftsmotor – die US-Wirtschaft – ins Stocken geraten sollte. Nach schwachen US-Industrie- und -Wirtschaftsdaten machten Rezessionssorgen die Runde, verunsicherten Investoren und führten zu starken Abverkäufen, insbesondere im Technologie-Bereich und bei anderen wachstumsorientierten Werten.

Diese Abverkäufe wurden zudem durch Ereignisse in Japan verstärkt. Dort hatte die Bank of Japan (BOJ) Ende Juli überraschend die Zinsen auf 0,25 Prozentpunkte angehoben, nachdem sie erst im Frühjahr dieses Jahres zum ersten Mal nach 17 Jahren überhaupt die Zinsen wieder angehoben hatte – auf einen Korridor von 0,0 bis 0,1%. Darüber hinaus kündigte die BOJ an, ihre Anleihenkäufe zu halbieren, und signalisierte damit einen weiteren Schritt in Richtung einer restriktiveren Geldpolitik. All dies führte zu großer Verunsicherung und panikartigen Verkäufen an den Börsen, insbesondere auch an den heimischen Börsen in Japan. So fiel der NIKKEI 225 um fast 20%. Ein Mitgrund dafür waren wohl die sogenannten „Carry Trades“, bei denen Investoren bisher sehr günstig Geld in japanischen Yen leihen konnten, um es dann – teils in Aktien – anderswo zu investieren. Dies ist natürlich mit erheblichen Risiken verbunden, sodass entsprechend sofort reagiert wurde, wenn sich die Tendenzen in die falsche Richtung bewegten.

Quelle:Bank of Japan (BOJ)

Gleichzeitig kamen in den USA bereits Erwartungen auf, dass die amerikanische Zentralbank FED im Zweifelsfall mit einer Zinssenkung von 0,5 statt 0,25 Prozentpunkten reagieren könnte. Schließlich hätte sie nach den deutlichen Zinsanhebungen ausreichend Spielraum, um die US-Wirtschaft zu stützen und auf Kurs für eine sanfte Landung zu halten. Nachdem die FED ohnehin bereits erste Zinssenkungssignale gegeben hatte und sich die Inflationsdaten weiterhin in einem Abwärtstrend befanden, trauten Investoren der FED zu, den richtigen Kurs einzuschlagen bzw. beizubehalten. Die Aktienmärkte haben sich daraufhin innerhalb weniger Tage und auf globaler Ebene wieder deutlich erholt und teilweise sogar neue Allzeithochstände erreicht.

Die letzten Wochen sehen wir somit als eine Art Generalprobe dafür, was passieren könnte, wenn die wirtschaftliche Dynamik noch einmal spürbar nachlässt und die USA möglicherweise nicht mehr in der Lage sind, den Schwung durch den Inflation Reduction Act (IRA) und das KI-Wettrüsten aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig hat die FED, unter Berücksichtigung der Inflationsentwicklung, durch mögliche Zinssenkungen jedoch wieder ein bedeutendes Instrument, um auf konjunkturelle Abschwächung zu reagieren, falls diese zu belastend wird. Deshalb halten wir es für wichtiger denn je, ein breit diversifiziertes Portfolio zu besitzen, das nicht nur Wachstumswerte umfasst, sondern auch Unternehmen mit soliden Geschäftsmodellen, die konstant Gewinne erzielen und bei denen die Wachstumserwartungen noch keine astronomischen Ausmaße angenommen haben.