Ein Rückblick auf das erste Halbjahr zeigt ein ambivalentes Bild: Die globalen Aktienmärkte haben in den ersten sechs Monaten erfreuliche Gewinne erzielt. Glücklicherweise ist die befürchtete Gaskrise mit kalten Häusern und stillgelegten Fabriken aufgrund eines Gasmangels ausgeblieben. Die Inflation geht zwar langsam zurück, allerdings nicht in dem Tempo, das wir uns wünschen. Die langsame Reaktion bei der Bekämpfung der Inflation ist der Hauptgrund dafür, dass die Europäische Zentralbank im Juni den Zinssatz um weitere 0,25% erhöht hat und weitere Zinserhöhungen angekündigt hat.

Das konjunkturelle Umfeld in Europa, insbesondere in Deutschland, zeigt in den letzten Monaten eher Anzeichen von Schwäche, was wir beispielsweise an der Auftragslage im Baugewerbe und in der Chemieindustrie sehen: der preisbereinigte Auftragseingang im Hochbau in Deutschland ist von 130 Punkten im ersten Quartal 2022 auf 93 im letzten Monat eingebrochen, und auch in der Chemieindustrie ist der Stand der neuen Aufträge von 115 zu Jahresbeginn 2022 auf einen Indexwert von unter 90 gesunken. Während die Konjunktur im ersten Halbjahr stagnierte, dürften die nächsten Monate noch stärkeren konjunkturellen Gegenwind mit sich bringen.

Aus Sicht der Börsianer gibt es jedoch auch positive Aspekte: Die Sorgen vor steigender Inflation werden voraussichtlich bald abnehmen. Wenn die Inflationsgefahr abnimmt, dürften die Zentralbanker aufatmen. Obwohl sie sich traditionell eher auf die Geldwertstabilität als auf Konjunktursorgen konzentrieren sollten, gibt es in der Europäischen Zentralbank mittlerweile auch Entscheidungsträger, die von dieser althergebrachten Denkweise abweichen. Zudem signalisiert eine Rezession auch Abwärtsdruck auf die Preise.

Ein weiterer positiver Aspekt ist der GfK Konsumklima Index. Obwohl es sich immer noch im negativen Bereich befindet, hat sich das Verbrauchervertrauen trotz Ukraine-Krieg, Inflation und Konjunktursorgen stark erholt und insbesondere im Vergleich zu den historischen Tiefständen im Herbst 2022 deutlich verbessert. Dies könnte dazu führen, dass der private Konsum in der zweiten Jahreshälfte zur Stabilisierung der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung beitragen wird.